Ich steh an Deiner Krippe hier, 5. Tür

5. Tür

Geburt in der Garage
Manchmal frage ich mich, was wohl wäre, wenn die Menschwerdung Gottes noch ausstehen würde, wenn es also Weihnachten noch nicht gegeben hätte. Welchen Ort würde Gott heute für die Geburt seines Sohnes wählen? Wieder einen Stall? Selbst in Israel hätte er dann nicht mehr sehr viel Auswahl dafür. Maria und Josef, wären sie heute auf Wanderschaft, würden wahrscheinlich gar keinen Stall finden. In Städten schon gar nicht, und auch auf dem Land muss man weit gehen, um Ochs und Esel zu begegnen. Auch eine Futterkrippe für das Neugeborene zu organisieren würde die Heilige Familie vor größere Probleme stellen. Wo würde also Jesus heute auf die Welt kommen? In einem Bushäuschen? In einem verlassenen Fabrikgebäude? In einem zum Abbruch freigegebenen Haus oder vielleicht in einer leerstehenden Garage? Nachfolgende Generationen, die sich diese Geburt vergegenwärtigen wollen, würden also nicht geschnitzte Hirten und Schafe unter den Christbaum stellen, sondern Autoreifen und Altölflaschen. Die Oberammergauer Krippenbauer würden nicht Schafe schnitzen, sondern Karosserien oder alte Felgen.

Manchmal braucht man solche Gedankenspielchen, um sich wieder vor Augen zu führen, dass die Geburt in einem Stall alles andere war als eine romantische Hausgeburt wie sie heute von alternativen Gynäkologen propagiert wird. Die Geburt im Stall ist das Gegenteil der Weihnachtsidylle. Sie verweist auf Flucht, auf Heimatlosigkeit, auf Armut. Aber gerade darin erweist sich ihre Größe. Ein Gott, der seinen Sohn nicht in einem Schloss zur Welt kommen lässt, ist kreativer, größer als einer, der das tut, was man ohnehin von ihm erwartet. Wenn auch Sie in den nächsten Tage wieder ihre Krippenfiguren auspacken und zu einem heimeligen Ensemble gruppieren, dann denken Sie doch dabei auch an alte Autoreifen. Vielleicht verstehen sie dann die Weihnachtskrippe besser.

Max Kronawitter in: Wolfgang Küpper/Hrsg., Wunderbare Weihnachtszeit

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